Schon mal darüber nachgedacht?
Wenn eine Beziehungen zu jemand anderem mit unserem kleinen Selbstwertgefühl in Gestalt von Aufopferung in Verbindung steht, wird sich zu einem späteren Zeitpunkt Ärger in uns ansiedeln, weil die andere Person sich unseres „Opfers” in der Regel nicht bewusst ist und somit mit geringer Wahrscheinlichkeit unsere Erwartungen erfüllen wird.
Ein typisches Beispiel für einen solchen Mechanismus ist in vielen Fällen folgende Geschichte einer traditionellen Ehe:
Die Ehefrau verbringt hart arbeitend den ganzen Tag damit das Haus zu putzen, Pflanzen sorgfältig zu pflegen, einzukaufen, zu dekorieren etc, …… alles, damit das Haus schön aussieht.
Der Ehemann kommt nach Hause und verliert kein Wort darüber, scheint es noch nicht einmal zu bemerken. Stattdessen ist er von seinem Arbeitstag erschöpft und erzählt von seinen Problemen und Sorgen. In seiner Vorstellung muss er an all die Mühe denken, die er letztendlich für seine Frau, für seine Familie vollbracht hat:
- die zornigen Kunden,
- die anstrengende Fahrt durch den Berufsverkehr,
- der gereizte Boss
- der Druck termingerechter Abgabefristen.
Währenddessen empfindet sie zunehmend Groll darüber, dass er ihre Mühen nicht anerkannt hat und geht gedanklich noch mal all die Opfer durch, die sie an diesem Tag gebracht hatte:
- Sie hätte stattdessen mit Freunden zum Mittagessen gehen können.
- Sie hätte das Buch zu Ende lesen können, das ihr so viel Freude macht.
- Sie hätte ihre Lieblingssendung im Fernsehen verfolgen können etc.
Doch stattdessen nahm sie für ihn all das auf sich, und jetzt sagt er nichts über die Ergebnisse ihrer Mühen.
Während beide ihren Groll, ihre Ressentiments und Enttäuschungen hegen, wächst bei beiden allmählich die Wut. Diese Wut drückt sich dann als Coolness und Distanziertheit aus, während sie für diesen Abend zum Fernseher flüchten und schweigend zu Bett gehen, um über ihren Kummer zu brüten. Dies ist eine dermaßen typische Szene für den langsamen Niedergang einer Beziehung durch „Selbstaufopferung“.
Das, was wir von einer anderen Person wollen, wünschen und verlangen, wird von ihr als Druck empfunden. Sie wird deswegen unbewusst widerstehen.
Im oben genannten Beispiel halten beide Personen nach Anerkennung Ausschau. Sie wollen sie, sie begehren sie, blockieren sie jedoch gegenseitig. Beide Seiten fühlen sich unter Druck gesetzt und widerstehen folglich. Der Widerstand ist deshalb da, weil Druck von uns immer als eine Aberkennung unserer Wahlmöglichkeit empfunden wird. Dies wird als emotionale Erpressung empfunden. Die unbewusste Formel lautet: „Gib mir, was ich will oder ich werde dich mit Rückzug, Wut, Schmollen und Groll bestrafen.”
Wir alle hassen es, emotional erpresst zu werden. Wir alle kennen den Widerstand, den wir empfinden, wenn wir erkennen, dass jemand nach Lob oder Komplimenten aus ist („fishing for compliments“). Der Widerstand existiert sowohl bewusst als auch unbewusst.
Sind wir durch Selbstaufopferung motiviert, üben wir auf die andere Person Druck aus. Sogar, wenn wir uns zur Anerkennung zwingen, wird diese verstimmt sein. Ein erzwungenes Kompliment befriedigt nicht.
Ein Teil der Wut kommt aus dem Stolz, den man für seine Selbstaufopferung empfindet. Heimlich bilden wir uns darauf etwas ein, für jemand anderen etwas getan zu haben, und unseren Stolz, den wir für unsere Leistung empfinden, macht uns für Wut anfällig, wenn unser ,,Opfer” nicht bemerkt wird.
Der Weg, um diesen Ärger aufzuheben, ist, den Stolz anzuerkennen und loszulassen, unser Verlangen nach der Freude am Selbstmitleid aufzugeben und stattdessen unsere Mühen für andere als Geschenk zu betrachten. Die Freude, die man dabei erfährt, wenn man gegenüber anderen großzügig ist, kann in sich selbst schon eine Belohnung sein.