Das Gleichnis von den Stachelschweinen «» Nähe und Distanz in der Gesellschaft

Eine Gesellschaft Stachelschweine drängte sich an einem kalten Wintertag recht nahe zusammen,

um sich durch die gegenseitige Wärme vor dem Erfrieren zu schützen.

Jedoch bald spürten sie die gegenseitigen Stacheln. Es entfernte sie dann wieder voneinander.

Wenn nun das Bedürfnis nach Wärme sie wieder näher zusammenbrachte, wiederholte sich das Übel.

Sie wurden zwischen beiden Leiden hin und her geworfen, bis sie eine mässige Entfernung herausgefunden hatten, in der sie es am besten aushalten konnten.

So treibt das Bedürfnis der Gesellschaft, aus der Leere und Monotonie des eigenen Innern entsprungen, die Menschen zueinander.

Aber ihre vielen widerwärtigen Eigenschaften und unerträglichen Fehler stossen sie wieder voneinander ab.

Die mittlere Entfernung, die sie endlich herausfinden, und bei welcher ein Beisammensein bestehen kann, ist die Höflichkeit und feine Sitte.

Dem, der sich nicht in dieser Entfernung hält, ruft man in England zu: Keep your distance!

So wird zwar das Bedürfnis gegenseitiger Erwärmung nur unvollkommen befriedigt,

dafür aber der Stich der Stacheln nicht empfunden.

Wer jedoch viel eigene, innere Wärme hat bleibt lieber aus der Gesellschaft weg, um keine Beschwerde zu geben, noch zu empfangen.

(Arthur Schopenhauer)